ESG-Kriterien Was es bei einem ESG-Investment zu beachten gilt
27.03.2023 • 10 Minuten Lesezeit
Inhalt
ESG-Kriterien
- Mithilfe von ESG-Kriterien können Staaten, Unternehmen oder Finanzproduktanbieter hinsichtlich der drei Aspekte Umwelt (z.B. Ressourcen- und Artenschutz), Soziales (z.B. Arbeitsbedingungen und -sicherheit) und Unternehmensführung (z.B. Schutz vor Ausbeutung oder Korruption) bewertet werden.
- Die Umsetzung von ESG-Kriterien wird meist von Nachhaltigkeits-Ratingagenturen gemessen, die die Nachhaltigkeitsstandards mithilfe verschiedener Kennzahlsysteme (z.B. ESG-Score) vergleichbar machen.
- Weitere Ansätze, die der Bewertung von nachhaltigen Investments dienen, sind beispielsweise Ausschlusskriterien (Ausschluss bestimmter Negativstandards wie Menschenrechtsverletzungen o.ä.) oder Best-in-Class (Auswahl des jeweils Klassenbesten einer ganzen Branche).
- ESG-Kriterien lassen sich hinsichtlich ihrer Strenge zwischen Ausschlusskriterien und sogenannten Impact Investments einordnen. Diese bauen auf ESG auf, verpflichten sich jedoch zu einer transparenten, konkret messbaren Wirkung.
- Investmentfonds, die sich nach ESG-Kriterien richten (ESG-Fonds), gelten als mindestens genauso krisenfest und (mit Blick auf die Rendite) chancenreich wie konventionelle Geldanlagen.
Doch was genau sind ESG-Kriterien und inwiefern erfüllt ein ESG-Investment meine persönlichen Ansprüche an eine nachhaltige Geldanlage? Mit diesen Fragen sind Sie hier genau richtig. In diesem Artikel klären wir alle Grundlagen, die wichtigsten Unterscheidungen und welche Investmentmöglichkeiten Ihnen entsprechend den ESG-Kriterien zur Verfügung stehen.
Environmental, Social, Governance: Das steckt hinter den ESG-Kriterien
Was „grün“ oder „sozial“ ist, variiert je nach Anbieter und Produkt. Das liegt daran, dass Nachhaltigkeit komplex ist. Weltweit versuchen Expert:innen deshalb, Kriterien zu finden, die zugleich relevant, messbar und vergleichbar sind. Diese sollen Anleger:innen dabei helfen, gut informierte Anlageentscheidungen treffen zu können.
Die Finanzbranche durchlebt dabei gerade einen Findungsprozess, wie ihn die Lebensmittelbranche von der Bio-Kennzeichnung schon kennt: Auch hier wurde und wird darum gerungen, was denn nun nachhaltig ist. Für „Bio“ haben sich verschiedene Siegel und Richtlinien von Verbänden mit unterschiedlich hohem Nachhaltigkeitsanspruch etabliert – vom EU-Siegel bis zum Demeter-Label.
Im Investmentbereich finden sich viele verschiedene Investmentansätze unter dem Sammelbegriff nachhaltiger Investitionen. Einer der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Ansätze ist die Anwendung von ESG-Kriterien. Sie sollen mehr Transparenz in die jeweiligen Kapitalanlagen bringen, damit Anleger:innen besser erkennen können, was ihr Geld konkret in Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft bewirkt.
Der Begriff ESG stammt aus dem Englischen und steht für eine Orientierung an den Bereichen Environment (Umwelt), Social (Gesellschaft) und Governance (Unternehmensführung). Für jede dieser Dimensionen werden nachprüfbare Kriterien festgelegt. Dies soll es Anleger:innen erleichtern, das (nicht) nachhaltige Verhalten eines Unternehmens einzuschätzen.
ESG-Kriterien haben einen Ausschlusscharakter: Beachtet ein Unternehmen oder ein Staat bestimmte Werte und Kriterien nicht, können sie aus dem Investmentportfolio ausgeschlossen werden. Dieser Prozess heißt auch Negatives Screening oder Exklusionsverfahren. Zu solchen Negativkriterien gehört z.B. häufig die Herstellung oder der Handel mit Waffen. Oft stehen auch Tabak, Alkohol, Glücksspiel sowie Menschenrechtsverletzungen auf der Negativliste. Die meisten ESG-Investments gehen nach diesem Ausschlussprinzip vor.
Damit bietet der ESG-Ansatz Informationen über eine Kapitalanlage, die über die klassischen Finanzkennzahlen hinausgehen. Aktien, Fonds und Anleihen können damit umfassender beurteilt werden. Dies betrifft nicht nur den Umweltaspekt, z.B. durch Klima- und Ressourcenschutz, wie es der Begriff „grüne Geldanlagen“ häufig suggeriert.
Die Kriterien betrachten darüber hinaus die soziale Dimension – z.B. den Umgang mit Mitarbeiter:innen und die Einhaltung von Menschenrechten – sowie die Grundsätze nachhaltiger Unternehmensführung – z.B. den Umgang mit Korruptionsrisiken.
Die Vereinten Nationen haben gemeinsam mit Investoren in sechs Prinzipien festgelegt, wie die ESG-Kriterien in den Investmentprozess einfließen sollen. Die unterzeichnenden Investorenorganisationen dieser „Principles for Responsible Investment“ (PRI) verpflichten sich, auf die Berücksichtigung der Kriterien im Investmentprozess hinzuarbeiten und darüber Bericht zu erstatten.
Unternehmensbeispiel:
Das Lebensmittelunternehmen Danone bindet die variable Vergütung seiner Manager an die Erreichung von ESG-Zielen. Dazu gehört etwa, inwieweit sich die Mitarbeiter für Nachhaltigkeit engagieren und als wie stark die Organisation Carbon Disclosure Project (CDP) die Klimaschutzmaßnahmen von Danone bewertet.
E für Environmental (Umwelt)
Das Kriterium betrachtet, inwiefern ein Unternehmen oder Staat die Umwelt verschmutzt, Treibhausgase oder Schadstoffe emittiert, Ressourcen verbraucht oder Energie effizient nutzt. Insbesondere Klimarisiken gewinnen hier an Bedeutung: Der Klimawandel ist nicht nur ein Umweltproblem, sondern auch eine wirtschaftliche Bedrohung. Er könnte „hunderte Millionen Menschenleben, Billionen von Dollar an Wirtschaftskraft sowie das physische und das natürliche Kapital der Welt gefährden“, prognostiziert eine Studie von McKinsey 2020.¹
Der aktuelle Risikobericht des Weltwirtschaftsforums Davos (WEF) ordnet die drei weltweit größten Risiken für die nächsten zehn Jahre dem Bereich Umwelt zu: Klimaschutzversagen, extreme Wetterereignisse und Biodiversitätsverlust.2 Durch die hohe Gewichtung dieser Probleme könnten diejenigen Akteure am Finanzmarkt an Bedeutung gewinnen, die zur Lösung der Herausforderungen beitragen.
Bereiche, die z.B. unter Environment (Umwelt) analysiert werden:
- Strategien und Pläne zur Abmilderung des Klimawandels
- Strategien und Pläne zur Anpassung an den Klimawandel
- CO₂-Reduktion hin zur CO₂-Neutralität
- Nutzung von erneuerbaren Energien wie Windkraft oder Solar
- Verbesserung des Energiemanagements für mehr Energieeffizienz
- Schutz natürlicher Ressourcen entlang der gesamten Wertschöpfungskette: Reduktion, Effizienz, Kreislaufführung
- Einsatz nachhaltiger Produkte, Technologien und Infrastrukturen
- Ganzheitliches Gebäudemanagement (Ökologischer Umgang mit Materialien, Energie, Wasser, Luft)
- Beiträge zur Luftreinhaltung
- Umfassendes Wassermanagement: Einsparungen, Wiederverwendung, umweltfreundliche Abwasserbehandlung
- Umstellung auf nachhaltige Mobilität, Logistik-Optimierung
- Schutz biologischer Vielfalt
- …
Kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sind dazu verpflichtet, über ihre nichtfinanziellen Kennzahlen z.B. in Form eines Nachhaltigkeitsreports zu berichten. Dafür orientierten sich viele Unternehmen an den Vorgaben der Global Reporting Initiative (GRI). Investoren, die nach den Prinzipien für verantwortliches Investieren PRI vorgehen, können ESG-Faktoren im Investmentprozess abprüfen oder systematisch Nachhaltigkeitsrisiken überwachen.
Unternehmensbeispiel:
BMW ist ein Unternehmen, das in grünen Aktienindizes als besonders umweltengagiert auftaucht. Die Bayerischen Motorenwerke setzen sich für elektrische Antriebe ein, sind aus der Formel 1 ausgestiegen, verbessern ständig die Effizienz ihrer Motoren und haben sich Klimaziele gesetzt. Obwohl der Fahrzeughersteller den Großteil seines Umsatzes mit Verbrennern macht und vorrangig den Markt für große Autos (SUVs) bedient, zählt er seit vielen Jahren im Sektor der Automobilindustrie zu den Klassenbesten und wird im Dow Jones Sustainability Index (DJSI) gelistet. Dieser Index betrachtet Positivkriterien und wendet das Best-in-Class-Prinzip an. In anderen Bewertungen, die durch Negativkriterien Investitionen in Produzenten von Verbrennungsmotoren ausschließen, würde BMW dagegen nicht auftauchen.
S für Social (Soziales)
Als oberstes Gebot steht dabei die Achtung der Menschenwürde. Betrachtet wird zum einen die Situation der Mitarbeiter:innen des Unternehmens selbst, z.B. Vielfalt in Teams (Diversity), Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.
Darüber hinaus wird der Blick auf die Wertschöpfungskette erweitert, etwa mit Blick auf die Einhaltung von Menschenrechten bei Lieferanten oder das Verbot von Kinderarbeit. In der nachgelagerten Kette kann es auch um den fairen Umgang mit Kund:innen gehen.
Weiterhin beinhaltet die soziale Dimension das gesellschaftliche Engagement des Unternehmens.
Bereiche, die z.B. mit Blick auf Social (Soziales) analysiert werden:
- Einhaltung von Arbeitnehmerrechten, Menschenrechten, Menschenwürde, Nichtdiskriminierung
- Faire Behandlung und Bezahlung von Mitarbeiter:innen, auch in der Lieferkette
- Verbot von Zwangsarbeit
- Gesundheitsschutz; sichere und ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen
- Möglichkeiten zur Weiterentwicklung und Fortbildung von Mitarbeiter:innen
- Ausschluss möglicher Kooperationen mit autoritären Regierungen
- Sozialrelevante Konsequenzen der Produktanwendung
- Verschiedene Formen der gesellschaftlichen Verantwortungsübernahme (Corporate Social Responsibility), etwa in Form von: Spenden und Sponsoring für soziale / kulturelle / ökologische Projekte (Corporate Giving)
- Freistellung von Mitarbeiter:innen für freiwilliges Engagement (Corporate Volunteering)
- …
Unternehmensbeispiel:
Das Software-Unternehmen Microsoft gilt als Branchenführer hinsichtlich ESG-Kriterien. Besonders im „Social“-Kontext ist die für ihr Betriebssystem Windows bekannte Firma mehrfach ausgezeichnet worden. Sie bietet für Mitarbeiter:innen u.a. Kinderbetreuungsdienste und erhielt Preise als guter Arbeitgeber, der sich für Menschenrechte und die Gleichstellung der LGBT Community einsetzt.
G für Governance (Unternehmensführung)
Der Begriff wird meist mit "(verantwortungsvoller) Unternehmensführung" übersetzt und beinhaltet Fairness und Transparenz. In diesem Kontext stehen z.B. unternehmenseigene Richtlinien und Kodizes bezüglich Korruption sowie die diverse Zusammensetzung von Gremien oder dem Aufsichtsrat. Transparente Informationen zu diesen Themen sollen es Anleger:innen erleichtern, Risiken des Unternehmens zu erkennen.
Bereiche, die unter Governance analysiert werden sind z.B.:
- Einhaltung von Gesetzen und Regelwerken (Compliance)
- Offene Kommunikation und Transparenz
- Kommunizierte Unternehmenswerte und Richtlinien, Kodizes etc.
- Klare Prozesse für Steuerung und Kontrolle
- Diverse Zusammensetzung von unabhängigen Kontrollorganen, z.B. ein Aufsichtsrat mit unterschiedlichen Fähigkeiten, Hintergründen und Erfahrungen der Mitglieder
- Definierte Vergütungsrichtlinien
- Wettbewerbsrechtliche Fairness
- Chancengleichheit für Positionen
- Konkrete Maßnahmen zur Verhinderung von Korruption, Bestechung, Betrug
- Gesetzeskonforme Abführung von Steuern
- ...
Unternehmensbeispiel:
Auf einen Mangel an Governance ist der Dieselskandal bei Volkswagen (VW) zurückzuführen. Einige ESG-Fonds hatten den Autokonzern bereits 2013 aus ihrem Anlageuniversum entfernt. Kritikpunkte waren vor allem die mangelnde Unabhängigkeit und die Zusammensetzung des Verwaltungsrats. Außerdem existierten verschiedene Aktienarten mit abweichenden Stimmrechten, was Ratingagenturen und Fondsmanager stutzig machte. Die Kurseinbrüche im Rahmen der Abgasaffäre 2015 betrafen dann die Anleger:innen von ESG-Investments entsprechend weniger oder gar nicht. VW hat sich seither stark umgekrempelt: Durch weitreichende Umstrukturierung, Strategieverschiebung, Veränderungen in der Führung sowie weitere Maßnahmen gilt das Unternehmen heute in Sachen Nachhaltigkeit als gut aufgestellt.
Die Entstehung der ESG-Kriterien
In der Geschichte des Geldes gingen die Ziele der Anleger:innen schon immer über die rein finanzielle Rendite hinaus. Bereits in der Antike ließen sich damit auch politische Anliegen beeinflussen, für viele Gläubige im Mittelalter lockte eine himmlische Belohnung ihre Finanzmittel in eine bestimmte Richtung. Die systematische Lenkung großer Finanzflüsse in Richtung Nachhaltigkeit begann Mitte des 20. Jahrhunderts.
1950/60er
Gewerkschaften verwalteten große Pensionsfonds. Mit dem Kapitalvermögen darin begannen sie, Einfluss auf ihr weiteres soziales Umfeld zu nehmen – etwa für bezahlbaren Wohnraum oder Gesundheitseinrichtungen für Bergarbeiter.
1970er
Die Apartheid in Südafrika stieß auf immer mehr Widerstand in der Welt. Daher entwickelten Großanleger eine Divest-Strategie, zogen also ihre Finanzmittel entlang ethischer Linien aus dem rassistischen Regime ab. Der Druck auf die südafrikanische Wirtschaft und damit auch auf die Regierung trug schließlich zur Abschaffung des Apartheidsystems bei.
1980er
James S. Coleman entwickelte 1988 das Konzept des sozialen Kapitals, demzufolge das Eigeninteresse nicht der einzige Wert des Wirtschaftens sein könne. In jener Zeit begannen auch Umweltgruppen die Hebelwirkung als Investoren zu nutzen, um Kapitalmärkte zu beeinflussen, damit Unternehmen auch ökologische und soziale Themen in ihre Entscheidungen einbinden.
1990er/2000er
Nach und nach begann der Finanzmarkt, das Leitbild des „Verantwortungsvollen Investors“ aufzugreifen und entsprechende Produkte anzubieten.
2000er
Die Wissenschaft zeigte, dass Unternehmen, die ein ausdrücklich soziales Verhalten pflegten, erfolgreicher waren. Beispielsweise erwirtschafteten die als „100 Best Companies to Work for“ ausgezeichneten Firmen eine 2 % bis 3 % höhere Aktienrendite über 25 Jahre als ihre Konkurrenten.
Die Etablierung von ESG-Investments im Finanzmarkt geht auf die Principles for Responsible Investment (PRI) zurück. Mit dieser Initiative riefen die Vereinten Nationen zur freiwilligen Selbstverpflichtung auf, ESG-Faktoren in Investmententscheidungen und ins Assetmanagement zu integrieren. In der Folge entschieden sich immer mehr Institutionen, ihre Portfolios ESG-basiert auszurichten.
Über 3.400 Unternehmen (Stand 2021) haben die PRI unterschrieben, zusammen verwalten sie über 121 Billionen US-Dollar.3 Der ESG-Ansatz steht nicht mehr in der Philanthropie-Ecke, sondern gilt zunehmend als praktisches Gebot für langfristigen finanziellen Erfolg.
ESG als gängiger Überbegriff
Immaterielle Faktoren wie die Zufriedenheit von Mitarbeiter:innen oder Artenschutz lassen sich weniger leicht messen. Zudem deckt nicht jedes Unternehmen, Produkt oder Investment alle Bereiche des ESG-Universums ab. Daher gab und gibt es eine Vielzahl von Bezeichnungen für die Art der Investmentanalyse und -bewertung. Um nur einige zu nennen:
- Grün, öko, nachhaltig, ethisch, sozial, nicht-finanziell, nicht-traditionell
- Langfristiges Investment (Long Horizon Investment, LHI)
- Sozial verantwortliches Investment (Social Responsible Investment, SRI)
- Verantwortungsbewusstes Investment
- Impact Investment
- Enhanced Business
- Corporate Health
Der Begriff ESG ist inzwischen weit verbreitet – die Mehrheit der Fachexpert:innen nutzt diese Bezeichnung, um nicht-finanzielle Aspekte zu beschreiben. Allerdings werden andere Begriffe wie Impact Investment oder Social Responsible Investments genutzt, um unterschiedliche Anspruchsniveaus bei nachhaltigen Investments zu bezeichnen.
Messung der Einhaltung von ESG-Kriterien
Inzwischen haben auch traditionelle Analysten wie Thomson Reuters, Bloomberg und MSCI Ratings im Angebot. Sie alle nutzen verschiedene Kennzahlensysteme, damit für jedes Unternehmen eine Punktzahl (ESG Score) berechnet werden kann.
Beispiel für ESG-Rating
Das Rating-Unternehmen Scope Analysis hat im September 2020 ebenfalls ein ESG-Rating-Methodik veröffentlicht. Damit bewertet Scope Firmen auf einer Ratingskala von AAAESG bis CESG.
Für die Analyse werden vier Aspekte betrachtet:
- das Unternehmen (seine ESG Historie, Commitment und grundsätzliche Aufstellung in den drei Bereichen Umwelt, Soziales und Corporate Governance)
- das ESG-Team
- der Investment- und Asset-Management-Prozess
- die ESG-Datenintegration und Risikomessung
So bescheinigte Scope zum Beispiel der Commerz Real mit einem Rating von A-ESG eine gute Qualität und Kompetenz im Rahmen der aktuellen und zukünftigen ESG Ausrichtung. Positiven Einfluss auf die gute Bewertung hatten u.a. die Investition in erneuerbare Energien, das starke Engagement für Mitarbeiter:innen sowie hohe Governance-Standards.
ESG Invest: Verwandte Investmentstrategien
Zu den gängigsten Ansätzen gehören:
Ausschluss / Negativkriterien
Best-in-Class
Divestment
Impact Investing
Positivkriterien
Sozialethische Investments / Social Responsible Investment (SRI)
Themenfonds
Die Unterschiede zwischen SRI, Ausschlusskriterien, ESG und Impact Investment
Manche Portfolios enthalten auch keine kritischen Rohstoffe wie Gold, weil deren Gewinnung oft mit Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen verbunden ist. Länder, in denen die Todesstrafe angewendet oder Kinderarbeit geduldet wird, können auf der schwarzen Liste stehen, ebenso wie Regionen mit hoher Korruptionsrate.
Von einem ESG-Investment spricht man, wenn explizit ökologische, soziale sowie Aspekte der Unternehmensführung in die traditionelle Finanzanalyse einfließen. Damit können – aufbauend auf Negativkriterien – bestimmte Anlagen ausgeschlossen werden. Bei vielen ESG-Fonds wird zusätzlich eine Reihe von Positivkriterien einbezogen, etwa wenn das untersuchte Unternehmen im Bereich nachwachsende Rohstoffe wie Holz agiert oder auch im Bau bezahlbarer Wohnungen aktiv ist.
Manche ESG-Fonds konzentrieren sich auf Investments in die Vorreiter mit der besten Nachhaltigkeitsperformance in bestimmten Branchen. Bei diesem Best-in-Class-Ansatz zählen z.B. Maßnahmen gegen Diskriminierung und Effizienzmaßnahmen für einen verbesserten Ressourcenschutz. Betrachtet wird dabei auch, welche Strategie zur nachhaltigen Transformation die Firma nachweisen kann.
Innerhalb von ESG-Investments kann es durch die Kombination der Strategien zu Widersprüchen kommen. Denn die Klassenbesten sind zum Teil Vorreiter in Branchen oder Bereichen, die bei manchen Anleger:innen auf der Negativliste stehen. Wer beispielsweise Gentechnik aus seinem Anlageuniversum ausschließen möchte, aber den Best-in-Class-Ansatz verfolgt, könnte auf diesen Konflikt stoßen.
Bei Impact Investments handelt es sich um eine Form des ESG-Investments mit hohem Nachhaltigkeitsanspruch. Diese Anlageprodukte verfolgen das Ziel, die Themen „Nachhaltigkeit“ und „Rendite“ zu verbinden und eine positive Veränderung in Gesellschaft und Umwelt zu bewirken.
Der Begriff „Impact“ (zu deutsch – „Wirkung“) beschreibt den Ansatz, einen positiven und messbaren Beitrag zu ökologischen oder sozialen Zielen zu erreichen. In ihrem Nachhaltigkeitsanspruch gehen Impact Fonds damit einen Schritt weiter als ESG-Fonds.
Renditechancen und Risiken von ESG-Investments
Tendenziell gelten Fonds mit ESG-Kriterien als krisenfester. Das hat verschiedene Ursachen: Bestimmte Risiken wurden bereits ausgeschlossen, die Anlagen konzentrieren sich auf zukunftsträchtige Wachstumsmärkte wie Gesundheitswesen oder Effizienztechnologien, oder die Unternehmensführung steht auf einer soliden, transparenten Struktur. Aufgrund ihrer zahlreichen positiven Eigenschaften ist die Integration von ESG-Kriterien die aktuell am häufigsten genutzte nachhaltige Anlagestrategie in Deutschland.⁴
Bereits 2015 fasste eine Metastudie über 2.000 empirische Studien zusammen und zeigte, dass ESG-Kriterien mehrheitlich positive Auswirkungen auf die Rendite haben.⁵ Das lässt sich auch an einem Vergleich der zwei großen Indizes MSCI World und seinem ESG-basierten Pendant MSCI World SRI ablesen: Die jährliche Rendite des MSCI World SRI übertraf die des konventionellen Index in insgesamt elf der letzten 14 Jahre (2008 bis 2021).⁶
Auch viele andere Untersuchungen weisen darauf hin, dass ESG-Produkte genauso gut oder besser in der Performance abschneiden als nicht unter Umwelt- und Sozialaspekten bewertete Produkte. Zudem sind sie weniger von Kursschwankungen betroffen.
Wie bei konventionellen Fonds, besteht auch bei ESG-Fonds ein Ausfallrisiko. Die Emittenten machen in ihren Produktbeschreibungen deutlich, welche Ereignisse oder Entwicklungen dazu führen können, dass eine oder mehrere Aktienpositionen stark sinken oder auf Null rutschen. Dazu gehören extreme Wetterereignisse oder spontane regulatorische Änderungen.
Um Risiken zu vermeiden, ist eine Diversifikation wichtig. Ein Investment-Portfolio sollte in verschiedene Themen (z.B. Erneuerbare Energien, Mikrofinanz, Nachhaltiger Rohstoffanbau) und Anlageklassen (z.B. Aktien, Fonds, Anleihen, Bonds) gestreut sein. Wer das beachtet, hat mit dem ESG-Ansatz tendenziell weniger Risiko im Portfolio, da viele der ökologischen, sozialen und Unternehmensführungsaspekte den Blick auf die langfristige Tragfähigkeit richten.
Wachsender Markt für ESG-Investitionen oder schöner Schein?
Der Aufwärtstrend könnte anhalten: Mit ihren 17 Zielen nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) wollen die Vereinten Nationen das Klima schützen, nachhaltige Produktionsweisen fördern, Hunger und Armut besiegen und saubere Energien ausbauen. Für all das braucht es eine nachhaltigere Wirtschaft und entsprechend finanzielle Mittel, die diese Entwicklung ankurbeln.
Durch den zunehmenden Rückhalt in der Bevölkerung für zukunftsfähige Lösungen und Innovationen setzt auch die Politik vermehrt Anreize für mehr Umweltschutz, ethisches Verhalten und soziales Engagement, etwa mit der CO2-Steuer oder der Debatte um ein Lieferkettengesetz.
Auch in der Finanzwelt steigen die regulatorischen Anforderungen zur Erreichung von ESG-Zielen. So soll vor allem die Taxonomie-Verordnung der Europäischen Union für Transparenz und Konsistenz im Finanzmarkt sorgen. Sie hat das Ziel, eine einheitliche Klassifizierung der ökologischen Nachhaltigkeit wirtschaftlicher Tätigkeiten für Finanzmarktteilnehmer zu etablieren.
Auch weltweit wachsen die als nachhaltig bezeichneten Geldanlagen. So sprach z.B. der Global Sustainable Investment Review von über 35 Billionen US-Dollar, die im Jahr 2020 nachhaltig investiert waren – 15 % mehr als noch zwei Jahre zuvor.⁷ Solche Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Denn als „nachhaltig“ zählt hier unter Umständen auch schon ein Produkt mit wenigen Ausschlusskriterien.
Produkte, die ihre Anlagestrategie nach ESG-Kriterien ausrichteten, kamen dabei auf ein Volumen von 25,2 Billionen US-Dollar.
Ob ESG für Sie das Richtige ist und wie Sie loslegen
Sind ESG-Fonds eine sinnvolle Beimischung für Ihr Portfolio? Das kommt zunächst auf Ihre persönlichen Werte und Ihre Situation an: Wie viel Rendite möchten Sie erwirtschaften? In welche Risikoklasse würden Sie sich einstufen? Wie viel Geld sollte frei verfügbar bleiben – wie gut könnten Sie also kurzfristige Kursschwankungen verkraften? Und schließlich: Möchten Sie Nachhaltigkeitskriterien in Ihre Geldanlage einbeziehen und wenn ja, welche?
Wenn Sie Nachhaltigkeitsziele verfolgen möchten, können Sie beispielsweise die folgenden Fragen für sich beantworten:
Ausschlusskriterien: Was wollen Sie mit Ihrem Geld nicht unterstützen?
Atomkraft | Kinderarbeit |
Fossile Energie (Öl, Gas, Kohle) |
Menschenrechtsverletzungen |
Intensive Landwirtschaft | Gentechnik (Medizin) |
Agrarchemikalien | Korruption/Bestechung |
Intensiv-Fischerei | Glücksspiel |
Massentierhaltung | Alkohol/Drogen |
Tierversuche | Waffen/rüstung |
Positivkriterien: Was wollen Sie mit Ihrem Geld unterstützen?
Erneuerbare Energien | Chancengleichheit |
Energieeffizienz | Bildung |
Nachhaltiger Waldaufbau/Forst | Kultur |
Bekämpfung von Armut | Nachhaltige Mobilität |
Öko-Landbau | Kreislaufwirtschaft |
Gewässerschutz/Wasserversorgung | ... |
Nachdem Sie geklärt haben, welche Werte Ihnen persönlich wichtig sind, können Sie im nächsten Schritt Produkte auswählen, die Ihren Ansprüchen am ehesten entsprechen. Die in Frage kommenden Angebote können sehr unterschiedlich aussehen:
Während die einen nur bestimmte Branchen ausschließen, konzentrieren sich andere auf Einzelthemen wie Wald und Holz. Wieder andere wählen gemäß Best-in-Class-Ansatz jeweils die Vorreiter aus, die innerhalb einer bestimmten Branche am ehesten ethisch, umweltfreundlich und verantwortungsvoll agieren.
ESG-Investments passen am ehesten zu Ihnen, wenn Sie einen mittel- bis langfristigen Anlagehorizont haben. Für kurzfristige Spekulationen eignen sich ethische Finanzmarktprodukte weniger, da Nachhaltigkeitsziele langfristig ausgelegt sind, z.B. zur Erreichung der SDGs bis 2030 oder der Pariser Klimaziele bis Mitte des Jahrhunderts.
Auch aus Risiko- und Renditesicht können Sie mit einem längeren Anlagezeitraum von den durchschnittlich geringeren Kursschwankungen und den durchschnittlich höheren Erträgen nachhaltiger Investments profitieren.
Die ESG-Kriterien sind für viele Menschen ein Ansatz, die Welt „ein bisschen besser zu machen“, indem die Unternehmen, Objekte und Staaten im Portfolio stärker auf soziale oder Umweltfaktoren achten. Immer mehr Menschen ist das aber zu wenig: Sie möchten konkret gesellschaftlichen Wandel vorantreiben. Dafür steht die spezielle Form des ESG-Investments, das Impact Investing, bei dem ein bestimmtes nachhaltigkeitsorientiertes Ziel verfolgt und gleichzeitig Rendite erzielt wird.
Beim wirkungsorientierten Geldanlegen fließen Ihre Finanzmittel häufig in die Realwirtschaft, zum Beispiel in Sachwerte wie Windkraftanlagen. Neuerdings können auch Privatanleger:innen in Deutschland in solche Werte der Realwirtschaft investieren.
Dafür dienen sogenannte langfristige Investmentfonds (auch bekannt unter dem englischen Synonym European Long-Term Investment Fund (ELTIF). Diese Spielart des ESG-Investments eignet sich für Anleger:innen, denen es wichtig ist, einen messbaren und konkreten Mehrwert für Nachhaltigkeit mit ihrem Geld zu stiften.
Fazit
Manchmal verändern sich Werte auch im Laufe des Lebens. Dann kann es sinnvoll sein, dass Sie Ihr Portfolio durch die Brille Ihrer aktuellen Werte noch einmal neu bewerten. In jedem Fall kann es sehr befriedigend sein zu wissen, „wofür“ das eigene Geld arbeitet. Meist will das erst noch herausgefunden werden. Viel Erfolg beim nachhaltigen Anlegen!
² World Economic Forum (2022): Global Risks Report 2022 https://www.weforum.org/reports/global-risks-report-2022/
³ Principles for Responsible Investment (2021): Annual Report 2021 https://www.unpri.org/annual-report-2021/how-we-work/building-our-effectiveness/enhance-our-global-footprint
⁴ Forum Nachhaltige Geldanlagen (2022): Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen 2022 https://www.forum-ng.org/fileadmin/Marktbericht/2022/FNG-Marktbericht_NG_2022-online.pdf
⁵ Friede, Gunnar, Timo Busch, and Alexander Bassen (2015): »ESG and financial performance: aggregated evidence from more than 2000 empirical studies«. In: Journal of Sustainable Finance & Investment 5.4 (2015): 210–233.
⁶ Factsheet MSCI World SRI Index (2022) https://www.msci.com/documents/10199/641712d5-6435-4b2d-9abb-84a53f6c00e4
⁷ Global Sustainable Investment Alliance (2020): Global Sustainable Investment Review 2020 http://www.gsi-alliance.org/wp-content/uploads/2021/08/GSIR-20201.pdf