Status Quo bei der Energiewende – und warum sich dranbleiben lohnt
12.12.2023 • 5 Minuten Lesezeit
Angesichts der in den Klima- und Transformationsfonds umgebuchten, vom Bundeverfassungsgericht nicht genehmigten 60 Milliarden Euro befindet sich Deutschland derzeit in Schockstarre. Über die Folgen werden wir erst im kommenden Jahr urteilen können. Blicken wir also zurück auf das sich dem Ende zuneigenden Jahr 2023, in dem sowohl die EU als auch ihre Mitgliedstaaten eine Reihe von Maßnahmen ergriffen haben, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen. In ihren Plänen, bis 2050 klimaneutral zu werden, konzentrierte sich die EU-Kommission vor allem auf die Windkraft. Bis 2030 soll der Anteil des durch erneuerbare Energien erzeugten Stroms auf 42,5 Prozent steigen. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, muss unter anderem die Windkraftkapazität in der EU von derzeit rund 200 Gigawatt auf 500 Gigawatt gesteigert werden, was eine Verdopplung des jährlichen Neubaus bedeutet.
Bereit, der Windenergie den Weg zu ebnen
Um diesen Prozess zu beschleunigen, wurde bei der Vereinfachung von Genehmigungsvorschriften und -verfahren für Windenergieprojekte das Tempo erhöht. Das ist angesichts der Wahrung der eigenen Souveränität einerseits und dem Erreichen der Klimaziele andererseits durchaus ein Balanceakt. Schließt es doch die Diskussion darüber ein, ob die derzeitige Ausbaulücke von europäischen oder chinesischen Herstellern geschlossen werden soll. Die EU strebt an, sowohl ihre Klimaziele zu erreichen als auch ihre Souveränität zu bewahren. Die Frage der Beschleunigung muss dennoch beantwortet werden, denn im ersten Halbjahr 2023 wuchs Europas Offshore-Windkapazität lediglich um 2,1 Gigawatt auf 32 Gigawatt. Mehr als die Hälfte der Neuzugänge entfielen auf die Niederlande, der Rest entfiel auf das Vereinigte Königreich, Deutschland und Norwegen. Da durchschnittlich 11 Gigawatt Offshore-Kapazität pro Jahr die Benchmark sind, hat die EU erheblichen Nachholbedarf.1
Allerdings gilt es einen Balanceakt zu meistern
Für den Zeitraum 2023 bis 2027 wird erwartet, dass in der EU jährlich durchschnittlich 20 Gigawatt an neuer Windenergie installiert werden. Um die Ziele für 2030 zu erreichen, wären jedoch durchschnittlich 31 Gigawatt neue Windenergiekapazität pro Jahr erforderlich. Aktuell dominieren europäische Hersteller den EU-Windenergiemarkt, mit 85 Prozent im Onshore- und 94 Prozent im Offshore-Bereich. Doch die chinesischen Wettbewerber sind stark – vier der zehn weltweit größten Windturbinenhersteller sind im Reich der Mitte ansässig. Diese bieten Preise, die laut EU-Kommission etwa 20 Prozent unter denen ihrer europäischen und US-Konkurrenten liegen. Um etwaige unfaire Handelspraktiken zu unterbinden, schaut die EU sehr genau hin, prüft zudem staatliche Beihilfen und plant, den europäischen Innovationsfonds auf 1,4 Milliarden Euro zu verdoppeln, um grüne Technologien europäischer Hersteller zu fördern. Das umfasst auch Hilfen für Windturbinenhersteller und Maßnahmen, um Investitionsrisiken zu minimieren.2
Der Solarmarkt wächst – trotz Hürden
Die neuen Beihilfeleitlinien der EU sehen technologiespezifische Ausschreibungen für Ökostromanlagen vor, zum Beispiel für Kombinationen aus Photovoltaik und Speicher, Agrophotovoltaik oder schwimmende Solaranlagen. Außerdem sollen Anlagen von kleinen und mittleren Unternehmen von der Ausschreibungspflicht ausgenommen werden. Diese Regelungen sind Teil des „Fit for 55“-Pakets der EU, das bessere Rahmenbedingungen für den Ausbau erneuerbarer Energien schaffen soll. Experten gehen davon aus, dass der europäische Solarmarkt weiter wachsen wird, mit einem Zubau von 38,5 Gigawatt im Jahr 2023 und 44,6 Gigawatt im Jahr 2024. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, benötigt die EU bis 2030 jedoch mindestens 870 Gigawatt installierte Solarleistung. In einem mittleren Szenario wird bis 2025 eine installierte Leistung von etwa 327,6 Gigawatt erreicht, was zeigt, dass noch viel zu tun ist.
Deutschland powert in Sachen Windkraft
Die deutsche Bundesregierung hat auch in diesem Jahr den Ausbau der erneuerbaren Energien mit Nachdruck vorangetrieben. So setzte sie ein noch nie erreichtes Ausschreibungsziel von fast 13 Gigawatt Leistung für Windenergie an Land, was nach Jahren der politisch verordneten Restriktionen als Neustart für die Branche gewertet wurde. Bis Mitte 2022 wurden neue Ausbauziele definiert, das überragende öffentliche Interesse an der Windenergie unterstrichen, verbindliche Flächenziele festgelegt und erste Standardisierungen im Natur- und Artenschutz erreicht. Zudem ist seit Anfang 2023 die finanzielle Beteiligung von Kommunen an der sonstigen Direktvermarktung von Windenergieanlagen an Land möglich, um die Akzeptanz und Verankerung der Energiewende vor Ort zu stärken. Auch das Genehmigungstempo hat sich laut Bundesregierung erhöht – mit erfreulichem Ergebnis: Im ersten Halbjahr 2023 wurden 50 Prozent mehr Windräder ans Stromnetz angeschlossen als im vergangenen Jahr und allein im September 2023 wurden der Bundesnetzagentur zufolge knapp 200 neue Windanlagen genehmigt.
Ziel übertroffen: sonnige Stimmung am deutschen Solarmarkt
In den ersten drei Quartalen des Jahres 2023 wurden in Deutschland fast zehn Gigawatt an neuen Photovoltaik-Anlagen installiert und damit das Zubauziel für 2023 von neun Gigawatt bereits übertroffen. Seit dem 30. Juli 2022 gelten zudem höhere Vergütungssätze für neue Photovoltaik-Dachanlagen. Ebenfalls ein grüner Teppich: Wind- und Solarprojekte von Bürgerenergiegesellschaften werden seit 2023 von Ausschreibungen ausgenommen, um eine unbürokratischere Realisierung zu ermöglichen. Diese Projekte erhalten auch ohne Ausschreibung eine Vergütung. Der Erfolg dieser Maßnahmen ist messbar. Erneuerbare Energien – Sonne und Wind – hatten im ersten Halbjahr 2023 bereits einen Anteil von 52 Prozent am deutschen Bruttostromverbrauch. Das neue EEG 2023 zielt darauf ab, diesen Anteil bis 2030 auf mindestens 80 Prozent zu erhöhen.
EU und Mitgliedstaaten ziehen am gleichen Strang
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Europa im Jahr 2023 sein Engagement zur Erreichung der Klimaziele weiter verstärkt hat, was sich in einer zunehmenden Förderung erneuerbarer Energien widerspiegelt. Dies umfasst sowohl nationale Initiativen als auch EU-weite Programme. Der europäische „Green Deal“ spielt dabei eine zentrale Rolle. Er zielt darauf ab, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen und umfasst Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien, zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Eine zentrale Stellschraube für die Energiewende bleibt jedoch das Engagement der Privatwirtschaft.
Gerade jetzt ist privates Engagement wertvoll
Der Markt für erneuerbare Energien ist aufgrund globaler Bemühungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen und der zunehmenden Notwendigkeit, fossile Brennstoffe zu ersetzen, ein Sektor mit starkem Wachstumspotenzial. Dieses Wachstum wird voraussichtlich auch in den kommenden Jahrzehnten anhalten. Erneuerbare-Energien-Projekte, insbesondere Wind- und Solarparks, bieten dank fester Einspeisetarife oder langfristiger Abnahmeverträge langfristige und vorhersehbare Erträge. Darüber hinaus tragen Investitionen in erneuerbare Energien direkt dazu bei, Treibhausgasemissionen zu reduzieren und den Klimawandel zu bekämpfen. Für Anleger, die Wert auf nachhaltige und umweltfreundliche Investments legen, bietet dieser Sektor attraktive Möglichkeiten.
Fortschritt fördern, Verantwortung übernehmen und profitieren
Technologische Fortschritte führen zu höherer Effizienz und sinkenden Kosten der erneuerbaren Energien. Das verbessert die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber fossilen Energieträgern und erhöht das Potenzial für profitable Investitionen. Darüber hinaus sind Investitionen in erneuerbare Energien Ausdruck sozialer Verantwortung und guter Unternehmensführung. Sie ermöglichen es Investoren, einen positiven Beitrag für Gesellschaft und Umwelt zu leisten und gleichzeitig finanzielle Renditen zu erzielen. In Summe bieten sie eine einzigartige Kombination aus finanziellen, ökologischen und sozialen Vorteilen, die sie zu einer attraktiven Option für Privatanleger machen.